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Auch die Friseurbranche wurde von der Pandemie und der Energiekrise hart getroffen. Und es fehlt an Kompetenz. Dagegen tut Friseur Thomas Korf aus Friedberg etwas Besonderes.
Jutta Sittner sitzt auf einem Stuhl vor einem Spiegel in einem Kreativ-Friseursalon in Friedberg. Sie kommt seit fünf Jahren hierher, sie möchte ihre Haarfarbe auffrischen und ihre Konturen schneiden. Der Salon befindet sich in der Kaiserstraße in der Nähe des Schlosses. Inhaber Thomas Korf hatte ein zweites Geschäft in Bad Nauheim gegenüber dem Hochwaldkrankenhaus und ein drittes in Dorheim. Beides hat er dann verkauft. Nun will der 54-Jährige auf ein Problem im Friseurhandwerk aufmerksam machen: den Personalmangel.
„In den 1980er und 1990er Jahren hatten wir 70 bis 80 Auszubildende im ersten Jahr“, sagt Foreman. Derzeit besuchen nur zehn Lehrlinge in Veteraucres im ersten Lehrjahr den Berufsschulunterricht. Diese Änderungen erschweren unter anderem die Suche nach Mitarbeitern.
Abends statt samstags zu treffen
Korff entschied sich daher für ein Pilotprojekt, das unter anderem darauf abzielt, eine bessere Work-Life-Balance, ein ausgewogenes Verhältnis von Beruf und Privatleben zu ermöglichen. Ihm zufolge hat sich im Friseurhandwerk kaum jemand Gedanken darüber gemacht. Ab dem neuen Jahr will er seinen Laden nur noch an vier Tagen in der Woche öffnen: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag.
Das neue Modell ist mit vollem Lohnausgleich und flexiblen Arbeitszeiten mit mehr Flexibilität für die Kunden verbunden. Wenn er keine Samstagsöffnungen mehr anbietet, kann er den Kunden stattdessen Wochentagsabende anbieten. Ihm zufolge ist es für Berufstätige geeignet. Ausnahmen für das Weihnachtsgeschäft und Hochzeitsfrisuren könne er sich mit Blick auf den Samstag vorstellen. Corf hofft, mit dem neuen Modell als Arbeitgeber attraktiver zu werden. » Freizeit ist vielen Mitarbeitern sehr wichtig. Du hast ein Kind und einen Mann, du willst ein Wochenende für die Familie“, weiß er. Seiner Erfahrung nach kehren Friseurinnen, die Mütter werden, nach der Elternzeit gerne zurück. „Aber oft nur auf 450-Euro-Basis.“
zusätzliches Gehalt
Wegen der geringen tariflichen Ausbildungsvergütung wollen laut Korff zu wenige junge Menschen ihren Beruf erlernen. Er setzt sich dafür ein, die Löhne der Auszubildenden zu erhöhen. „Ich bezahle mein eigenes Personal zusätzlich zu den Tarifen und Trinkgeldern“, erklärt er. Seiner Meinung nach stimmt es nicht, dass Friseure viel weniger verdienen als diejenigen, die über „schwarze Schafe“ arbeiten. Aber ein gutes Gehalt hilft nicht viel, wenn er jemanden sucht. „Ich kann niemanden erreichen. Und wenn ich welche bekommen kann, bauen wir sie gerne auf und schicken sie zum Seminar.“
Erschwerend kommt seiner Meinung nach die Öffnung vieler Zehn-Euro-Läden hinzu. Ihm zufolge ist es heutzutage absolut gefährlich, einen Salon zu eröffnen. Laut einem Artikel der Deutschen Handwerkszeitung (DHZ) wirkte sich die Corona-Krise auch im Juli negativ auf das Friseurhandwerk aus. DHZ bezeichnet den Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks (ZV). ZV führte die Folgen als Ergebnis des Krieges zwischen Russland und der Ukraine an. Inflation, steigender Lebensstandard und Energiekosten erhöhen die Konsumzurückhaltung. Dies wird auch die ohnehin stark von der Pandemie getroffene Friseurbranche treffen, schreibt die Handwerkszeitung. Thomas Korff sieht das genauso. „Ich bin Friseur aus Leidenschaft“, betont er. Aber dieser Beruf braucht mehr Wertschätzung. „Wir sind Psychologen, Künstler, Modeberater, Kunsthandwerker – wir sind eigentlich alles.“
Kunde Jutta Sittner ist mit diesem Service auf jeden Fall zufrieden. Qualität ist ihr wichtig. „Ich bin erst hierher gekommen, weil ein anderer Friseur damals meine Haarfarbe vermasselt hat“, sagt sie. Die Frau schaut in den Spiegel, ihr Schnitt sitzt wieder. Friseurmeister Korff will ab Januar sechs Monate lang sein neues Arbeitszeitmodell ausprobieren.