
Schlechter Empfang im Zug? Jeder weiß. Aber wie kann es besser werden? Ein Teil der Lösung könnte die vollständige Freigabe der 900-MHz-Frequenz sein.
Auf Bahnstrecken dürfen Mobilfunkunternehmen in sehr begrenztem Umfang wichtige Frequenzen zur Verbesserung der Mobilfunknetze nutzen.
Ursprünglich konnten Unternehmen dies ab dem 11. Dezember tun, doch nach einem Beschluss der Netzagentur wurde die Einweihung auf Dezember 2024 verschoben. Diese Entscheidung, die mit der Verzögerung des Umbaus von Zügen begründet wurde, wird nun kritisiert. Der Telekom zufolge erscheint der neue Fahrplan „unnötig und unverhältnismäßig lang“. Es brauche mehr Tempo, um „die wichtige Bereitstellung von Mobilfunk in Fahrzeugen voranzutreiben“. Die Telekom favorisiert einen Release Mitte 2023.
Reaktion
Auch die Deutsche Bahn befürwortet eine „kurzfristige Verschiebung um einige Monate“. „Wir bedauern die Verzögerung zutiefst“, sagte ein Bahnsprecher. “Fast drei Milliarden Fahrgäste, die jetzt jährlich unsere Züge nutzen, müssen noch zwei Jahre auf besseren Mobilfunk auf Schienen warten.”
Laut Vodafone ist die zusätzliche Frequenz wichtig für sein Ziel von unterbrechungsfreien Datenverbindungen für mobiles Arbeiten oder Streaming in Zügen. „Wenn wir zusätzliche Flächenfrequenzen entlang der Strecke aktivieren, kommen wir diesem Ziel einen Schritt näher“, sagt Tanja Richter, Leiterin Technik bei Vodafone Deutschland. „Millionen Pendlerinnen und Pendler können von diesem wichtigen Ausbauschritt profitieren.“ Zuvor hatten mehrere Medien über die Entscheidung der Bundesnetzagentur berichtet.
Es geht um das 900-MHz-Frequenzband, in dem Mobilfunknetzbetreiber bisher nicht von zu nah am Gleis liegenden Mobilfunkmasten senden dürfen. Grund dafür ist die Befürchtung einer Störung des GSM-R-Bahnfunks. Verwendet von Lokführern, Stellwerken, Baumannschaften und Disponenten, um miteinander zu kommunizieren. Mit neuer Technik – sogenannten Hard Terminals – treten solche Störungen nicht mehr auf. Daher sind alle in Deutschland tätigen Eisenbahnunternehmen verpflichtet, bis zum 11.12.2022 auf diese starken Endgeräte umzustellen. Die Kosten trägt der Bund zu 100 Prozent.
Betroffene Bereiche
Das Funkverbot im 900er-Frequenzband hat sich direkt auf die Bahngleisfront ausgewirkt. Hier stehen die meisten Sendemasten zur Versorgung der Trassen. Genau diese Sender dürfen nach wie vor nicht auf 900 MHz senden. Dies ist nach einer Einzelfallprüfung aus 500 Metern Entfernung möglich, die Prüfung ist jedoch umständlich und zeitaufwändig.
Von solchen weit entfernten Masten können Unternehmen nach positivem Einzeltest auf der Strecke in 900 MHz senden, weil die Entfernung zwischen ihrer Station und dem Bahnfunksender groß genug ist. Tatsächlich spielt diese Möglichkeit nach Angaben der Mobilfunkbranche eine sehr wichtige Rolle, da die Stationen des Netzbetreibers möglichst nah am Gleis liegen. Das Areal direkt an der Bahnlinie ist beachtlich – und noch immer verboten.
Auch Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Branchenverbands der Telekommunikation, VATM, weist auf die Bedeutung der 900er-Bereichsfrequenz für Netzbetreiber hin: „Sie trägt zu stabilen Datenraten bei Zugfahrten bei.“ Die Verlängerung der Frist bringt den Bahnkunden letztlich Unannehmlichkeiten. „Das wirkt sich unter anderem auf die Geschwindigkeit aus, mit der Bahnstrecken besser mit Mobilfunk bedient werden können.“
Für eine bessere mobile Kommunikation in Zügen müssen Lokomotiven zu „harten“ Endgeräten umgebaut werden. Letztlich ging es nur langsam voran. Mehr als 1.000 der 14.000 in Deutschland zugelassenen Lokomotiven sind laut Beschluss der Bundesnetzagentur noch nicht umgerüstet. Unternehmen führten die Verzögerung auf pandemiebedingten Personalmangel, Lieferunterbrechungen und Genehmigungsprobleme zurück.
Dabei geht es vor allem um Güterzüge von Bahnkonkurrenten, die Deutsche Bahn selbst ist relativ weit weg – sie hat nach eigenen Angaben 97 Prozent der Fahrzeuge entsprechend gebaut, der Umbauprozess soll im Sommer 2023 abgeschlossen sein. 6000 DB-Fahrzeuge stehen bereit.
Begründung der Autorität
Die Netzagentur hält eine neue Zweijahresfrist für erforderlich. Die Behörde verweist auf Statistiken, wonach ein schnelleres Vorgehen negative Auswirkungen auf den Schienenverkehr haben könnte, etwa für den in der Energiekrise so wichtig gewordenen Kohletransport. Würde man frühzeitig den Schalter umlegen und den Einsatz neuer Funktechnik vorschreiben, dürften diese Autos nicht mehr fahren.
„Wenn der Einsatz von starren Geräten bereits verpflichtend ist, wird es schwieriger, Energie auf der Schiene zu transportieren“, sagt ein Sprecher der Netzagentur. Der Mobilfunk auf der Schiene kann weiter ausgebaut werden. „Hierfür stehen auch genügend andere Frequenzbereiche zur Verfügung.“
Nach Erkenntnissen der Bonner Behörden werden bis Juli 2023 nicht mehr als 800 Lokomotiven und bis Anfang 2024 nicht mehr als 400 Lokomotiven umgerüstet sein. Beeindruckt“, sagt die Netzwerkagentur. Bis Ende 2024 glaubten die Beamten, dass sich die Lage soweit entspannt hätte, dass “harte” Ausstattungsbeschränkungen greifen könnten und es keine größeren Auswirkungen auf den Zugverkehr geben werde. (dpa)